Hellerer Himmel

„Das Frühjahr kommt, wach auf, Du Christ … Die Toten ruhn, und was noch nicht gestorben ist, das macht sich auf die Socken,“ heißt es in Bert Brechts „Mutter Courage“. Und also machen wir uns auf den Weg in die schöne Jahreszeit, nicht ohne derer zu gedenken, die uns dabei nicht mehr begleiten können. Das Neue Testament hat es eher wenig mit der Natur und den Jahreszeiten insbesondere, aber ich stelle mir vor, auch Jesus und seine Jünger haben sich über die von neuem blühenden Bäume und das frisch sprießende Grün im Frühjahr gefreut. Im Alten Testament lesen wir mehr darüber, dass alles seine Zeit hat und wiederkehrt: „Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter“.

Und jetzt ist eben die Zeit der wiedererwachenden Natur, die auch uns frischen Mut schöpfen lässt, umso mehr, wenn wir zugleich das Virus – ob nun Delta oder Omikron - hinter uns lassen. Bei dem gleichen Brecht heißt es über diese Zeit:

„Wir alle erinnern uns

Verlängerter Tage

Helleren Himmels

Änderung der Luft

Des gewiss kommenden Frühjahrs.“

Paul Gerhardt ist nahezu der einzige Liederdichter in unserem Gesangbuch, dem das Herz voll ist und dem der Mund überfließt, wenn er den neuen Anlauf des Jahres und der Natur beschreibt, ja besingt: „Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit.“ Und springen die Frühjahrsblumen nicht auch uns in die Augen mit ihrem bunten Kleid: „Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide.“

Wir feiern Ostern in einer Zeit, in der auch die Natur wiederauflebt. Ein Zusammenklang, der zuversichtlich stimmt. - Es gab und gibt vielleicht hier und da noch immer in protestantischen Kreisen einen Hang, das Beklagenswerte in allen Dingen hervorzuheben, und den schönen Seiten der Natur nicht die gebührende Beachtung zu schenken, sich nicht simpel zu freuen.

Dass die Artenvielfalt schwindet und sich das Weltklima besorgniserregend erwärmt, weiß jeder auch nur halbwache Zeitgenosse. Zudem sehen wir eine unheilschwangere Zuspitzung der Spannungen zwischen den Mächten. Aber nichts auf diesen Feldern wird besser, wenn wir die helleren Momente nicht zu genießen wissen.

Freuen wir uns also mit dem Dichter Eduard Mörike, wenn der Frühling „sein blaues Band wieder flattern lässt durch die Lüfte“. Und hoffen wir darüber hinaus, dass Bonhoeffers gute Mächte uns beistehen, wenn auch wir ein wenig versuchen, die dunklen Wolken über dem Planeten zu zerstreuen.

Dietrich Jörn Weder